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Mitgliederinfo 5 – Schulleitungen schlagen Alarm!

Juli 2021

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

auch in der virtuellen Sitzung zum Schuljahresende standen für den BayDV-Landesvorstand die Sorgen und Nöte der Schulleiterinnen und Schulleiter in diesem extrem schwierigen Schuljahr im Vordergrund. Vor allem ging es um die jüngsten KMS, die Personalplanung sowie um die neuen Regelungen zum Förderprojekt „gemeinsam.Brücken.bauen“. Im Mai hatte die BayDV dieses Programm als bürokratisches Monster bezeichnet, das an den Möglichkeiten der Schulen und den Bedürfnissen unserer Schülerinnen und Schüler vollkommen vorbeigeht. Der Amtschef im Kultusministerium, Ministerialdirektor Stefan Graf, hatte uns daraufhin zu einem Gespräch eingeladen, in dem er sich Zeit nahm für die schwerwiegenden Bedenken der Schulpraktiker.

Erfolgsmeldung um jeden Preis?

Leider suggeriert die offizielle Kommunikation über dieses Förderprojekt nach wie vor, dass damit u. a. in 2 Wochen „Sommerschule“ Defizite von eineinhalb Jahren corona-geprägtem Unterrichtsgeschehen kompensiert werden könnten. Man schürt damit bei Eltern und der Öffentlichkeit Erwartungen, die bestenfalls im Verlauf der kommenden Schuljahre mit reduzierten Lehrplaninhalten und flexibel gestalteten Förderkonzepten eingelöst werden können.

An der problematischen Umsetzung des Programms hat sich seit dessen Verkündigung nichts geändert, auch wenn Staatsminister Prof. Dr. Piazolo bei seiner Sommer-Pressekonferenz erstmals ankündigte, dass sich der Aufholprozess wohl über einen längeren Zeitraum hinziehen werde. Der wichtigste Erfolgsfaktor ist qualifiziertes Personal, das jedoch weit und breit nicht zu finden ist. Bereits vor fünf Jahren hat die BayDV einen eklatanten Lehrermangel prognostiziert. Leider wurden diese begründeten Warnungen vom Kultusministerium und von der Politik nicht ernst genommen. Selbst wenn die notwendigen Mittel vom Finanzministerium noch freigegeben werden sollten, der Markt mit qualifiziertem Lehrpersonal ist leergefegt.

Schulleitungen schlagen Alarm

Viele Schulen sind nun am Ende ihrer Kräfte angelangt. Das abgelaufene Schuljahr im Dauer-Krisenmodus hinterlässt bei den Direktorinnen und Direktoren der bayerischen Gymnasien deutliche Spuren; sie sind erschöpft, frustriert und in vielen Fällen auch verzweifelt. Die Fülle der funktionsfremden Zusatzaufgaben hat kontinuierlich zugenommen.

Es mag im vergangenen Schuljahr unausweichlich gewesen sein, dass ein Gymnasium mit ca. 800 Schülerinnen und Schülern zwölf verschiedene Stundenplanversionen in Kraft gesetzt hat, mit denen eigentlich das Handeln von Lehrkräften und Schülerinnen und Schülern sinnvoll und langfristig planbar koordiniert werden sollte. Für die Umsetzung des Programms „gemeinsam.Brücken.bauen“ hat die Schulleitung dieser Schule ca. 60 Unterrichtsstunden für ein valides Angebot eingeplant und dieses mit der Nachfrage der Eltern zur Deckung gebracht. Als Ergebnis erhalten ca. 60 Schülerinnen und Schüler (von ca. 800) zwischen 6 und 10 Stunden Förderunterricht in nur einem bestimmten Fach.

Auch bei den regelmäßig durchzuführenden Testungen an der Schule zeigt sich der große personelle Aufwand, den wir derzeit betreiben. Allein die Schulleitungen benötigen für die Bestellung der Testkits, die Planung und Dokumentation, die Diskussion mit Eltern und die Nachbereitung der Testergebnisse pro Woche mindestens 2 Stunden. Hinzu kommen pro Testtag ca. 2 Stunden Vorbereitungszeit durch Sekretariate und Lehrkräfte.

Was ist für die BayDV wichtig?

  • Die übertriebenen Erwartungen an die Wirksamkeit eines kurzfristig erstellten Brückenkonzepts können nur von einem längerfristigen Konzept erfüllt werden. Dazu bieten sich eine Umsetzung im regulären Unterricht sowie systemische Eingriffe im Lehrplan an. Zeit für Wiederholungen und Vertiefung ist unerlässlichlich. Sinnvoll sind auch zusätzliche Mittel für die Teilung von Klassen.
  • Die Anrechnungsstunden für die Schulleitungen müssen aufgrund des deutlich gestiegenen Arbeitsaufwands spürbar erhöht werden. Erwartet wird auch eine höhere Wertschätzung der Arbeit der Schulleiterinnen und Schulleiter. Es drängt sich der Eindruck auf, dass man im Kultusministerium nicht richtig einschätzen kann, wie der Krisenmodus derzeit die Schulen prägt und alle Beteiligten tagtäglich bis zur Grenze des Machbaren fordert.
  • Schulen müssen von Aufgaben entlastet werden, die originär von den Gesundheitsbehörden zu übernehmen sind. Damit wird eine Rückkehr zu den eigentlichen Aufgaben der Schulleitungen erleichtert.
  • Weitere Konzepte, die einen enormen Planungsaufwand in der Schulleitung produzieren, aber nur wenigen Schülerinnen und Schülern helfen, müssen unbedingt vermieden werden. Die BayDV fordert, bei der Erstellung derartiger Konzepte frühzeitig mit einbezogen zu werden. Die BayDV mahnt bei der Konzepterstellung den entscheidenden Einfluss von Schulpraktikern an. Derzeit herrscht der Eindruck vor, dass Konzepte durch ein Konglomerat aus verschiedenen Ministerien und Staatskanzlei wenig praxisgerecht vorgegeben werden.
  • Immer mehr Mittel für Förderstunden sind nicht zielführend! Die Lern- und Unterrichtszeit kann nicht beliebig ausgedehnt werden – auch und gerade nicht bei pandemiegeschädigten Schülerinnen und Schülern. Schulen müssen nach eigenen Kriterien und Rahmenbedingungen Förderkonzepte anbieten können.
  • Es ist zu befürchten, dass selbst durch zusätzliche finanzielle Mittel nicht genügend qualifiziertes Personal eingestellt werden kann. Sollte dies nicht gelingen, ist den Schulleitungen vor Ort ein möglichst großer Spielraum bei der Verwendung der Mittel einzuräumen, um damit vor Ort Förderkonzepte entwickeln zu können (z. B. durch Klassenteilungen, individuelle Unterstützungen, Einzel- oder Gruppen-Coaching, Team-Teaching). Zusätzliche Stellen, z. B. mit 2/3-Verträgen, sind zur Erfüllung unserer Aufgaben in Krisenzeiten eine unabdingbare Voraussetzung.

Der BayDV-Landesvorstand hat sein nächstes Treffen in der Woche vor Schulbeginn vereinbart. Wir hoffen, dass uns allen ein Schulstart mit Präsenzunterricht möglich sein wird und noch einige unserer Forderungen zeitnah umgesetzt werden können. Sie können sicher sein, dass sich die BayDV auch im neuen Schuljahr wieder engagiert für Ihre Interessen einsetzen wird.

Sie haben in diesem von Krisen geprägten Schuljahr alles gegeben und sich zusammen mit Ihrer Schulfamilie außerordentlich zum Wohle Ihres Gymnasiums eingesetzt. Dafür gebürt Ihnen auch ein herzliches Dankeschön von Ihrer BayDV. Viele von Ihnen hatten in diesem Schuljahr kaum einen freien Tag, an dem Sie einmal abschalten konnten. Genießen Sie deshalb den wohlverdienten Urlaub und bleiben Sie gesund!! Wir freuen uns auf ein Wiedersehen spätestens am 16. Oktober bei der Mitgliederversammlung der BayDV am Gymnasium Grünwald.

Ihr Walter Baier

Landesvorsitzender der Vereinigung der Direktorinnen und Direktoren der bayerischen Gymnasien

Die Mitgliederinfo kann hier (als PDF) heruntergeladen werden.

Seit März 2020 trifft sich der Landesvorstand der BayDV in Videokonferenzen zu aktuellen Lagebesprechungen. Auf diesem Weg wollen wir unsere Mitglieder umgehend über die wichtigsten besprochenen Themen informieren.